Hermine und Gertraud waren mit ihrer Klasse zusammen auf einem
Landschulheimaufenthalt. – Ingolstadt. Wer will denn dahin? Die Knaben
jedenfalls sind ob der Werkstattbesichtigung bei „Audi“ geradezu in
Leidenschaft entflammt. Die beiden Freundinnen jedoch halten nicht viel
davon. Um der Sicherheit willen erging vom Klassenleiter, dem
hochgelehrten Herrn Studiendirektor Spinnholz, die Anweisung, sich je
einen Partner zu suchen und händehaltend nicht von diesem abzulassen. So
bildeten auch Gertraud und Hermine eine Kleingruppe. In der halben Stunde
des Freiganges packten sie die Gelegenheit beim Schopfe, sich ein Vanille-
Eis einzuverleiben; dafür hatten beide von Mutti schließlich ja schon ein
paar Mark erhalten. Beim Rückweg nahmen sie sich, gemäß der
Spinnholzischen Vorschrift an der Hand. Jedoch machten sie sich auch ein
wenig lustig über die Maßnahme des Pädagogen. So fingen sie an wie früher
bei den Schulwanderungen mit den Händen hin- und herzuschaukeln. Dabei
überwanden sie Hydranten, Zaunpfähle und Bistrotische – an der Laterne
scheiterte es jedoch! Nichtsdestotrotz genossen sie die Zeit, die ihnen
gegeben ward, in vollen Zügen! Auf daß sich deren Enkelkinder noch daran
zu erfreuen vermögen, wenn eine zu erzählen ansetzt: „Audi, fili, de
tempore meliore Ingolstadii!“ – „Horch, mein Sohn, von der höchst guten
Zeit in Ingolstadt!“
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